Gedanken zum Buchmesseblog

Die Frankfurter Buchmesse ist eine der aufmerksamkeitsstärksten Messen Deutschlands, ein mediales Großevent. Bereits im zweiten Jahr hat die Messe auch das Medium „Blog“ für ihre Kommunikation genutzt. Obwohl morgen erst der letzte Messe- und damit Blogtag ist, will ich an dieser Stelle schonmal ein Zwischenfazit ziehen.Persönlich sehe und lese ich das Blog mit gemischten Gefühlen. Zum einen glaube ich, haben die beteiligten Blogger einen ganz passablen Job gemacht. Lese ich die 107 Beiträge, die mein Feedreader seit den ersten Autoren-Vorstellungen vor 10 Tagen gesammelt hat, so entsteht durchaus das wuselige Bild einer Messe in meinem Kopf. Ohne selber vor Ort gewesen zu sein. Bunt ist die Mischung der Dinge, die zu Beiträgen verarbeitet wurden. Eben all jenes, was man so auf einer Messe zu Gesicht bekommt.

Dies jedoch bringt auf der anderen Seite auch ein Problem mit sich: Für meinen Geschmack gab es zu viele Beiträge ohne erkennbaren Mehrwert, etwa wenn da über Kekse, halbe Hörbücher vom Focus oder andere Dinge, die die Welt nicht braucht bzw. wissen will geschrieben wurde. Sicherlich mag der ein oder andere dies unterhaltend finden. Auch will ich keineswegs in Abrede stellen, dass persönliche Anekdoten zum eigenen Messeerlebnisse prägend dazugehören. Aber: Letztlich soll das Blog ja die Kommunikation der „Ausstellungs- und Messe-GmbH des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels“ bereichern. Ob da Tarotkartenlegen und Kekse hilfreich sind?

Für mich ist die Fragestellung: Was soll das Blog genau leisten? Wen will ich damit erreichen und welchen Effekt soll es haben? Sicherlich sind hier zentrale Ideen:

  • den geneigten Internetuser für die Buchmesse interessieren und zum Dialog bewegen
  • aus Lesern auch Besucher machen
  • den Besuchern, auch dem Fachpublikum eine Orientierung bieten: Was gibt es zu sehen, was könnte für mich interessant sein?

und sicher nicht zuletzt:

  • den Blogleser für Bücher begeistern.

Natürlich nur ein paar mögliche Ansätze aber Controlling & Nachbereitung dürfen ja andere machen. Daher will ich nur mal diese Punkte kurz durchgehen:

1. User interessieren und Dialog schaffen

Über die Seitenaufrufe weiß ich nichts, auch Feed-Abozahlen waren nicht zu finden. Der Widerhall in der Blogosphäre kam mir nicht so groß vor, allerdings ist dies rein subjektiv – Daten habe ich keine. Allerdings sind die Kommentare mit überschlagenen 0,x pro Beitrag doch recht spärlich, für eine der größten deutschen Publikumsmessen.

Einmal mag es die Masse der Beiträge sein (z.B. 28 heute, 24 gestern), die dazu führt, dass viele Beiträge einfach nur überflogen werden. Nun könnte man behaupten, und teilweise ist dies auch sicher wahr, so schnell, vielseitig und hektisch ist eine Messe eben – immerhin liest trotz des Namens wohl kaum einer mit Muße ein Buch auf der Messe. Dennoch gehen so die, ja durchaus vorhandenen, Perlen unter den Beiträgen bisweilen verschütt.

Zudem laden eben die erwähnten Beiträge über weniger gehaltvolles nicht grade zum Kommentieren ein. (Wenngleich die aktuellen Geschehnisse bei Stefan Niggemeier zeigen, dass es nicht viel Inhalt braucht, um Kommentare zu ernten)

2. Aus Lesern Besucher machen

Dies wird sich vermutlich schwierig bemessen lassen, grade da der geneigte Leser derart in das Thema involviert ist, dass er, falls nicht ohnehin vor Ort, zumindest auch vor dem Blog ein Interesse an der Messe und einem Besuch hatte. Allerdings kann ich für meine Person sagen: Ohne das Blog hätte ich die Messe weniger mitbekommen.

3. Orientierung geben, Interessantes/Trends zeigen

Subjektiv hat mich nur ein Bruchteil dessen interessiert, was auf dem Blog vorgestellt wurde, allerdings ist dies bei der Vielfalt des Gebotenen a) kein Wunder und b) unvermeidbar. Da ich nicht direkt aus dem Buchfach komme (Fach hier im Sinne von Branche… wobei auch im anderen Sinne komm ich da nicht her), kann ich wenig sagen über die inhaltlichen Trends im Buchmarkt. Wenn es die immer noch gibt, wie etwa viele Jahre die „Better Life“-Ratgeber, dann wüßte ich trotz Bloglesen wenig darüber. Jedoch bewerte ich das eher positiv, da es entweder insgesamt eine Koexistenz verschiedenster Bereiche gibt, oder die Blogautoren auch Abseits der ausgetretenen Trendpfade wandelten.

Abseits der inhaltlichen Trends jedoch müssten Dinge wie Web2.0, digital publishing und eBook allerdings Themen gewesen sein. Ich kann es mir nicht anders vorstellen. Darüber jedoch gab es für meinen Geschmack deutlich zu wenig zu lesen. Und das paradoxer Weise auf einem typischen 2.0 Kanal. Dabei wäre der Stand der Buchbranche auf diesem Feld hoch interessant. Oder sind die Damen und Herren dort wirklich sooo extrem traditionsbewusst und lassen diese Themen unter den Tisch fallen? Zumindest am Rande muss es das Thema ja schon gegeben haben, wenn es Podiumsdiskussionen wie diese gab: „eKundenbindung – näher am Leser mit Blogs & Co.“

4. Blogleser für Bücher begeistern

Tatsächliche Zahlen zu bekommen sollte hierzu schwer sein, zumal ja diverseste Verlage mit ihren Publikationen vertreten sind. Persönlich wie gesagt, war vieles für mich uninteressant, einen Artikel jedoch fand ich vielversprechend und der besprochene Autor Quim Monzó kommt auf meine To-Read-Liste.

Noch ein paar Gedanken zum Schluss: Die Auswahl der Blogger hätte für meinen Geschmack bunter ausfallen können. Keiner der Autoren hat seinen Job schlecht gemacht, aber mit ausnahmslos jungen Bloggern, die größtenteils „was mit Medien“ machen, fehlten eben doch manche Aspekte. Anregungen: Einen Schriftsteller bloggen lassen, jemanden aus dem aktiven Messegeschäft, der seine Erlebnisse mit Kunden o.ä. verarbeitet (der wird sich auch mit der Beitragsanzahl zurückhalten), einen Literaturkritiker usw.

Ganz persönlich hatte es aber für mich sicher gutes, dieses Jahr das Blog gelesen zu haben, bevor ich nächstes Jahr (hoffentlich) endlich mal auf die Buchemesse fahren werde. Denn ich habe jeglichen verträumt-idealistischen Gedanken verloren, in dem die Messe ein Hort des intellektuellen Beisammenseins von Leuten war, die der Literatur einen prominenten und doch geistigen Raum in der Mitte der Gesellschaft schaffen. Die Buchbranche ist ein Geschäft wie jedes andere auch. Nur eben eines mit Gedanken und Worten.


  1. Es ist interessant, eine so ausführliche Reaktion auf unseren Blog „an sich“ zu lesen und nicht lediglich auf einzelne Beiträge.
    Ich finde es schön, dass es die Leute, die die Buchmesse im Blog verfolgen, nicht bloß in meinen Wünschen gibt.
    Es geht natürlich nicht alles auf meine Kappe, von dem du schreibst, weder im positiven noch im negativen Sinne, aber eins hätte ich mir gewünscht: dass du einfach schreibst, was dich interessieren würde, uns als „Scouts“ losgeschickt hättest – der Veranstaltungeskalender ist online!
    Ich z.B. habe mir lieber eine kleine Dosis 2.0 verpasst, einfach weil ich manche Diskussionen schon verfolgt habe – oder es gab kaum eine Chance, einen ordentlichen Bericht drüber zu schreiben… http://www.buchmesse.de/de/wordpress/2007/10/11/und-der-rest/

    Auf jeden Fall bin ich gespannt, wie es dir selbst im nächsten Jahr ergeht! Vielen Dank für die Aufmerksamkeit & schönes Weiterlesen, Janni

  2. Die Idee, euch Blogger als Scouts losschicken zu können finde ich ziemlich interessant. Allerdings ist es so eine Sache, selber den Veranstaltungskalender durchzuackern, dann noch Emails an die Blogger zu verschicken – der durchschnittliche Leser dürfte ja auch noch anderes zu tun haben. Der nötige Zeit- und Inititivaufwand ist also wesentlich zu hoch.

    Daher schwebt mit grad ein Modell vor, wie es möglich ist, euren Lesern dieses „rumschicken“ zu erleichtern.

    1. Verschiedene Blogger sind gezielt für einen Bereich zuständig. Also z.B.: Sachbuch, Roman, Hinter den Kulissen, Branchentalk etc.

    2. Jeden Abend gibt es im im Blog eine Übersicht der Events des nächsten Tages. Via Kommentar können die Leser dann euer nächstes Tagesprogramm bestimmen. Je nachdem, wie groß eure Leserschaft ist, muss man auch über ein Voting nachdenken.

    Mindestens ein Blogger sollte sich natürlich „frei“ über die Messe bewegen dürfen, damit er auch über sonst untergehende Besonderheiten, Skurrilitäten etc. schreiben kann.

    Ist jetzt mal ganz grob skizziert, wie sowas aussehen könnte

  3. Ha, wenn du wüsstest, wieviel wir allein ganz von selbst besuchen wollten.
    Ob es nun die Wege sind, die die persönliche Vielfalt begrenzen, oder die Zeit, die man schlicht zum Schreiben braucht, oder die Fragenden, unsere Web2.0-Wohnzimmer-Besucher/innen, die einen löchern und davon abhalten… wir haben schon versucht, ein breites Spektrum abzudecken. Und wenn du dir anschaust, wer welche Einträge verfasst hat, erkennst du durchaus ein Profil.

    Klar, die Scout-Sache sollte vertieft werden.
    Es gab ja auch einen Messe-Newsletter, der täglich besonders interessante Veranstaltungen empfohlen hat. Und tatsächlich ist zu den meisten von denen immer jemand hingegangen ;-)




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